Wehr und Sust

Wie Morschach und die Treib war auch Isenthal vor dem Bau von Kunststrassen über den See erschlossen. Vermutlich wurde das Tal bereits vor der Jahrtausendwende besiedelt. Die Fahrstrasse von Isleten nach Isenthal kam erst im Jahr 1901, deren Weiterführung nach Seedorf folgte 1949-1951. Die wichtigste Existenzgrundlage der Bevölkerung des Isentals bildete die Landwirtschaft mit den Eigenbetrieben samt den dazugehörenden Alpen. Isenthal bildete zusammen mit Bauen und Seelisberg eine Genossame. 1614 schlössen sie sich in einer Sennenbruderschaft zusammen. Wichtigster Nebenerwerb war die Waldwirtschaft. Im 16. und 17. Jahrhundert betrieb die Familie Madran Eisenabbau im Isental. 97

Der Hafenplatz von Isenthal lag an der Isleten. Dort gab es auch eine Lagerstätte. Die Wichtigkeit der Anbindung Isenthals über die Isleten ist schon früh belegt. So baten die Landleute 1407 Landammann und Rat von Uri, den Wald zwischen Fruttkapelle und See zum Schutz der Strasse nach der Isleten zu bannen (d. h. der Holzschlag wurde verboten). Im Zuge dieser Bannlegung erhielten Isenthal und Seelisberg die Auflage, am See eine Wehre (Hafenanlage), im Wald eine Sust und über den Bach eine Brücke zu unterhalten. Da diese Pflicht eine Last für die Gemeinde darstellte, wurde sie 1596 an Johann Jakob Madran abgetreten. 98

Madran baute im Kleintal im Bereich Wolfertsmatt-Hermisegg-Chli Bärgli Eisenerz ab und transportierte es über den Saumweg hinunter an das Isleter Seeufer. Dort wurde das Erz in einem Hochofen verarbeitet. Verkauf und Abtransport der Rohstoffe verlangten eine gute verkehrstechnische Anbindung über den See. Dazu erwarb Madran von den Isenthalern einen grossen Teil des Schachens, des Deltas des Isenthalerbaches, samt allen Pflichten und Lasten. Dazu gehörten der Unterhalt des Wehrs, der Susthütte und des Stegs über den Isenthalerbach sowie der Wegunterhalt hinauf bis zum Fruttchäppeli. Im Kauf eingeschlossen war der Bannwald als Brennholzquelle. Ausserdem zahlte Madran Isenthal jährlich 200 Gulden an den Unterhalt des Saumweges von der Frutt ins Isental und ins Kleintal. Nach der relativ kurzen Bergbaudynastie der Madran wechselten schon 1642 die Eigentümer auf der Isleten. Die neuen Eigentümer bauten die Holzwirtschaft aus und errichteten am Seeufer zwei Sägereien, wobei die Pflicht des Unterhalts von Sust, Brücke und Hafen weiterhin auf der Isleten haften blieb. 99

Die Sust war auch für die Versorgung Isenthals mit Gütern des alltäglichen Bedarfs und von Werkstoffen zum Bauen von Bedeutung. Michael Walker, langjähriger Gemeindeschreiber und verdienter Lokalhistoriker, hält fest, dass starke Männer als Nebenverdienst zur Landwirtschaft die Waren von der alten Sust an der Isleten bis zu ihrem Bestimmungsort im Isental trugen.100 Als 1905-1907 die Strasse wegen eines Erdrutsches zwischen dem unteren und mittleren Kehr verschüttet war, sei der alte Weg über die Gand nach Engisort wieder aktuell geworden. Von dort seien die Güter mit Nauen oder Booten weitergeführt worden. Möglicherweise war dort früher auch eine minimalste Sustinfrastruktur vorhanden. 100

Interessant sind die Ausführungen von Michael Walker, dass Isenthal das Halbinselgebiet an der Isleten nicht als Gemeindeterritorium betrachtete, sondern nur den Zugang zum See für den Anschluss an den Seeverkehr im Auge hatte.102 Für Isenthal wichtig waren der Holzanlageplatz, die Schiffsanlegestelle und die Sust am See. Letztere gehörte den Gemeinden Isenthal, Bauen und Seelisberg. Ursache des gemeinsamen Eigentums der drei Dorfschaften war der Umstand, dass manche Bauern von Seelisberg und Bauen ebenfalls im Isental Alpen bewirtschafteten, wozu sie verschiedene Güter, vor allem Salz, ins Tal bringen mussten, die sie in der Isleter Sust zwischenlagerten. Dies ist, wie bereits oben erwähnt, ein weiterer Hinweis auf bestimmte gemeinsame Allmendverwaltungsstrukturen der drei Gemeinden. 101 

 


97 Stadler, Hans: Isenthal. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Bd. 6. Basel 2007, S. 685-686.

98 Gasser, Seegemeinden, S. 355f.

99 Burkhardt, Hansjakob: Dynamit am Gotthard. Sprengstoff in der Schweiz. Baden 2012, S. 14-16.

100 Walker, Michael: Isenthal im Wandel der Zeiten 1840-1990. Isenthal 1991, S. 30

101 Ebd., S. 78f.

102 In diesem Zusammenhang interessant ist, dass nicht die Isenthaler Gemeinde, sondern die Isletenbesitzer die Pflicht hatten, für Notfälle ein Hand-, d. h. ein Ruderschiff, bereitzuhalten.

103 Walker, Isenthal, S. 116-121.

Die Urkunde von 1596 ist abgedruckt in: HistNjBl Bd. 83/84 (1992/93), S. 57-60 (hier)


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